Filmkritik: So wie du mich willst (Kinostart: 08.08.19)

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Originaltitel: Celle Que Vous Croyez
Gesehen: 2D, OmU, französisch, Kino

2017 erschien im Gallimard Verlag das Buch Celle que vous croyez. Für großen internationalen Ruhm reichte es nicht, doch sah Regisseur Safy Nebbou das Potenzial für ein spannendes Romantik-Drama. Nebbou ist vor allem durch seine international erfolgreichen Kurzfilme „Péagogie“ und „La Vie N’est Pas Un Pique Nique“ bekannt geworden und hat es nun mit dieser Produktion sogar auf die Berlinale 2019 geschafft. Als anfänglicher Darsteller, hat sich der Regisseur und Drehbuchautor für die Romanverfilmung niemanden geringeres als die hoch angesehene Schauspielerin Juliette Binoche an seine Seite geholt. Bereits 1983 trat sie erstmalig in einem Film auf („Liberty Belle“) und hatte ihren ersten großen Erfolg nur fünf Jahre später mit dem Film „Die unerträgliche Leichtigkeit des Seins“. Für ihre Rolle in „Der englische Patient“ wurde sie mehrfach international ausgezeichnet und erhielt auch den Oscar für die beste Nebendarstellerin. Sie war schon einmal zusammen mit Francois Civil, dem zweiten Protagonisten dieses Dramas, auf der Leinwand zu sehen im Film „Das bessere Leben“.

Die einsame und verbitterte Claire (Juliette Binoche) genießt ihr Leben mit ihrem Lover Ludo. Doch diese Beziehung hat einige Makel, denn Ludo (Guillaume Gouix) ist unzuverlässig und ist nur für sie da, wenn er es will. Als Claire wieder einmal ihm hinterher telefoniert, geht nicht er ans Telefon, sondern sein Mitbewohner und Freund Alex (Francoise Cevil), der Claire auf recht harsche Art und Weise zurückweist.
Um trotzdem ihre zügellose Verbundenheit zu Ludo auszuleben, fertigt sie sich ein Facebook Profil an. Um jedoch nicht wieder abgewiesen zu werden, gibt sie sich als 24-jährige Clara aus. Bei ihrer Suche nach Ludo entdeckt sie auch das Profil von Alex und schickt auch ihm eine Freundschaftsanfrage. Neugierig wie sie ist, schaut sie die Fotos des professionellen Fotografs durch. Als Alex dies bemerkt, kontaktiert er die junge Dame und nach kurzer Zeit sind beide in lange, intensive Gespräche verwickelt, die in eine Art virtuelle Beziehung münden. Beide genießen diese Zeit, doch als Alex sie nun auch in Realität kennen lernen möchte, muss Claire ihren Schwindel aufrechterhalten, da sie in Sorge ist, er könnte die knapp 30 Jahre ältere Frau nicht so lieben, wie ihr junges Ego. Doch was passiert, wirklich wenn die Lüge auffliegt? Wird Alex vielleicht auch die ältere Person hinter dem betrügerischen Profil lieben?

Verschachtelt in zwei Handlungsstränge erzählt Binoche einer Therapeutin die Geschichte ihrer heimlichen Liebschaft. Somit spielt die Hauptgeschichte in der gegenwärtigen Vergangenheit, überschneidet sich jedoch gen Ende hin mit der aktuellen Gegenwart und fortwährenden Zukunft. Die Zeitebenen verschwimmen also fast nahtlos ineinander, ohne den Zuschauer zu verwirren.
Dieser Film ist eine recht starke Kritik und gleichzeitig Lobeshymne an die heutige Gesellschaft in der Anonymität ein hohes Gut ist und dennoch auch ein Problem bietet, welches weitreichende Folgen besitzt. Abgesehen davon bleibt jedoch auch viel Raum der Kritik, da hier eine Form von Stalking präsentiert wird, die mehr mitleiderregend wirkt als bedrohlich.
Stück für Stück sucht die Protagonistin nach immer mehr Informationsquellen, um ihre Sucht nach Wissen zu befriedigen und sich immer weiter in die jugendliche Figur, die sie selbst geschaffen hat, zu verwandeln. Doch eins wird sie niemals ändern können: Ihr Aussehen und das führt zu einer wahnsinnigen Begierde, der sie nicht wiederstehen kann.
Die Handlung wird abgesehen von den zwei Zeitebenen noch in eine zusätzliche Ebene gespalten, die erst gen Ende überhaupt erkenntlich wird.
Zeitweise wird recht viel nackte Haut gezeigt sowie ein sinnlicher, erotischer Telefonsex, welcher die Romanze der Hauptfiguren noch deutlich vertieft.
Hervorragend ist vor allem, dass geschafft wurde den Zuschauer in eine Art Psychologenstellung zu versetzen aus dessen Perspektive die moralischen und ethischen Beweggründe die gesamte Zeit durchanalysiert werden müssen. Dies wurde durch die offenbar psychische Labilität von Binoches Figur erreicht und die daraus folgende Aufsuchung der Therapeutin.
Aber auch der Humor findet neben so viel Romantik, Dramatik und Erregtheit ein wenig Platz. Sehr amüsant ist wohl eine Szene, in der die Mutter ihre Kinder abholen möchte und angesichts der heimlichen Telefongespräche mit ihrer Affäre, von denen die Kinder nichts wissen sollen, auf dem Parkplatz ihre Runden dreht und immer wieder an den Kleinen vorbeifährt, bis das Gespräch beendet ist. Der Ausdruck in den Gesichtern ihrer Kinder ist Goldwert.
Nicht ganz klar wird jedoch, warum zu Beginn und zum Ende hin die Hauptfigur liegend in einer Badewanne gezeigt wird, fast gänzlich bedeckt mit Wasser. Ob dies ein Sinnbild für die Versunkenheit in ihrer Lügengeschichte sein soll oder welche Bedeutung sonst dahinter steht ist leider nicht konkret erkennbar.
Die Story verrät viel über die Psychologie der Menschen und zeigt gefährliche reale Begebenheiten der heutigen Zeit, die häufig nicht nur ein mögliches Ende besitzen. Dies wird auch visuell gezeigt durch zwei Alternativenden mit denen nicht so recht zurechnen war.
Musikalisch wird die Handlung durch sanfte Klavieranschläge unterstützt und geprägt.

Ansonsten gibt es nicht viel mehr zu berichten, außer dass die eher ruhig erzählte dramatische Romanze seine Höhen und Tiefen aufweist und mit dem Hintergrund des Stalkings einen sehr unangenehmen Beigeschmack erhält. Juliette Binoche hat wie immer hervorragend geschauspielert und fast im Alleingang diesen Film geprägt.

Humor: 2/10Action: 1/10Erotik: 7/10
Niveau: 7/10Gefühl: 6/10Musik: 2/10
Spannung: 2/10Gewalt: 0/10Idee: 7/10

Gesamtbewertung: 7/10

Viel Spaß im Kino!


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