Filmkritik: Tel Aviv On Fire (Kinostart: 04.07.19)

0

Gesehen: 2D, OmU, Kino

Vor kurzem berichteten wir beim Film „Eine moralische Entscheidung“ bereits davon, wie schwer es ist in Israel Filme zu produzieren und vor allem diese dann auch noch zu veröffentliche. Politische, Religiöse und regionale Konfliktthemen werden sehr kritisch beäugt. Besonderen Herausforderungen stellt sich dabei unter anderem der Regisseur Sameh Zoabi, der nicht nur über die angespannte Situation seines Landes berichtet, sondern darüber auch noch eine Komödie verfasst. Die Ernsthaftigkeit dieses Themas wird nur schwer mit einem lachenden Auge akzeptiert von der Bevölkerung, da sehr leicht Missverständnisse entstehen können.
Dennoch hat es Zoabi weit gebracht und seine Produktionen bereits auf unzähligen Festivals zeigen dürfen. Unter anderem Cannes, Toronto und dem Sundance. Auch die ein oder andere Auszeichnung sprang dabei heraus.
Der Film bietet eine Anlehnung an den „Sechstagekrieg“ von 1967, welcher in der Zeit vom 05. Bis zum 10. Juni ’67 stattfand und zwischen den Ländern Ägypten, Jordanien, Syrien und Israel ausgefochten wurde. Dabei überrannte Israel geradezu die Nachbarländer und gewann in kürzester Zeit unzählige Schlachten.

An allen Ecken machen sich Gerüchte breit, dass ein Krieg in geraumer Zeit bevorstehen würde. Gerade jetzt sind Informationen ein absolut wertvolles Gut. Da kommt es nicht sehr überraschend, dass Rachel (Maisa Abd Elhadi) eigentlich eine arabische Frau ist, die unter falscher Identität nach Israel eingeschleust wurde und nun als angeblich französischstämmige Immigrantin den mächtigsten Mann Israels versucht zu verführen, um heimlich die Kriegspläne auszuspionieren. Wie es weiter geht, erfahren Sie in der nächsten Folge! Bleiben Sie dran!
„Tel Aviv on Fire“ ist DIE große Soap Opera, die die Massen begeistert. Das zwielichtige Umgarnen, das Taktieren der Figuren und vor allem die sinnlich romantischen Augenblicke rund um Rachel und den General Edelmann ziehen vor allem die Frauen jeden Abend aufs Neue vor den Fernseher. Der Drehbuchautor Salam (Kais Nashif) muss sich dabei jeden Tag aufs Neue herzzerreißende Geschichten aus den Fingern saugen. Dabei ist Salam eigentlich nur zufällig zu eben jenem Job gekommen und hat eigentlich gar keine Ahnung von seinem Job. Als er bei einer Checkpoint-Kontrolle an der Grenze herausgezogen wird und vom israelischen Kommandeur Assi (Yaniv Biton) die Unterlagen zur kommenden Folge gefunden werden, findet er plötzlich seine Inspirationsquelle und muss sehr aufpassen nicht in einen dramatischen Gewissenskonflikt zu gelangen.

Zu Beginn erwartet den Zuschauer ein knallbuntes Intro mit deutlicher Überbelichtung. Irgendwie sieht einfach alles surreal aus. Doch schnell merkt man, dass das an der ganz speziellen Art des Films liegt, denn es handelt sich um einen Film im Film. Oder um genauer zu sein, eine Soap im Film. Anfangs mag dadurch ein wenig Verwirrung entstehen, insbesondere durch die Vermischung der Hauptfiguren, doch sobald der Sachverhalt klar ist, fängt die Geschichte an interessant zu werden. Dabei hat sich der Regisseur Mühe gegeben nicht nur eine inhaltliche Grenze zwischen Hauptfilm und Soap-Dreh zu erzeugen, sondern auch eine visuelle. Während die dargestellte Realität eher in blassen Grau- und Gelbtönen gehalten ist, glänzt die Soap-Geschichte vor allem durch stark übertriebene Kameraschwenks, ungewöhnliche Perspektiven sowie einer überdurchschnittlichen Farbvielfalt.

Visuell arbeitet der Film mit dem Kontrast, der durch die zwei Realitätsebenen entsteht: Die magische, bunte Welt der TV-Soap und die alltägliche, etwas graue Realität außerhalb des TV-Studios.

Sameh Zoabi

Durch einen unterschwelligen, leicht sarkastisch, satirischen Humor entfaltet der Film seine Qualitäten. Zwar gibt es immer wieder Passagen, in denen nicht viel passiert, doch gleicht eine recht unterhaltsame und vor allem neue Story die Stumpfheit angemessen aus. Insbesondere sind hier die fabelhaften Dialoge zu nennen, die immer einen gewissen Witz enthalten.
Dabei wird mehrfach zwischen verschiedenen Sprachen gewechselt (französisch, englisch, hebräisch), wodurch der Ablauf ein wenig belebt wird.
Leider ist der Soap-Dreh etwas ungenau gehalten, da viele Abläufe etwas anders als dargestellt stattfinden. Zur visuellen Vereinfachung und Handlungsabgrenzung ist dies jedoch ein legitimes Mittel.
Die angewandte, zum Teil moderne, fast schon amerikanisierte Art ist eher untypisch für den israelischen Film, sorgt jedoch vielleicht dafür, dass auch dieses Land stückweise in die gesellschaftsfähige Filmproduktion einsteigt.
Insgesamt erwartet den Zuschauer eine recht unterhaltsamer B-Klasse-Movie, der wohl nicht für alle Geschmäcker etwas ist und nicht die ganz großen Massen anziehen wird. Die völlig unbekannten Schauspieler bringen ihren ganz persönlichen Charme in die Produktion ein und auch technisch merkt man enorme Entwicklungen in der israelischen Filmkunst. Das Spiel mit einem solch kontroversen regionalen Thema ist absolut gelungen und wird wohl die Gemüter aller Westasiatischen und nordafrikanischen Länder besänftigen.

Humor: 7/10Action: 1/10Erotik: 2/10
Niveau: 5/10Gefühl: 4/10Musik: 4/10
Spannung: 1/10Gewalt: 0/10Idee: 6/10

Gesamtbewertung: 7/10

Viel Spaß im Kino!

Leave A Reply

Your email address will not be published.

eins × 2 =