Filmkritik: Ein Becken voller Männer (Kinostart: 27.06.19)

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Originaltitel: Le Grand Bain
Gesehen: 2D, OmU, französisch, Kino

Nach der schwedischen Produktion „Männer im Wasser“ von 2008 und dem englischen „Swimming With Men“ vom vergangenen Jahr, haben sich nun auch die Franzosen ein schwimmendes Männerballett als Grundlage für eine neue Komödie vorgenommen.
Dafür hat Gilles Lelloche, der auch verantwortlich ist für Filme wie „Das Leben ist ein Fest“, „Der Informant“ und „Sky – Der Himmel in mir“, ein recht breites Spektrum an französischen Spitzenschauspielern zur Auswahl gehabt und ein harmonisches Team zusammengestellt. Unter ihnen Mathieu Amalric (Bekannt aus „Grand Budapest Hotel“), Benoît Poelvoorde („Fathers and Sons“, „Das brandneue Testament“), Jean-Hugues Anglade („Leon – Der Profi“) und Philippe Katerine („Wohne lieber ungewöhnlich“). Zwar hatte keiner von ihnen je den ganz großen Durchbruch für das internationale Blockbuster-Kino, doch hat sich dieses Ensemble in den typischen Nieschenfilmen der französischen Meisterwerkstätten schon längst festgesetzt.

Es gibt genau drei Dinge, die die Männer Bertrand (Mathieu Amalric), Marcus (Benoît Poelvoorde), Simon (Jean-Hugues Anglade), Laurent (Guillaume Canet), Basile (Alban Ivanor) und Avanish (Balasingham Thamilchelvan) vereint: 1. Das Leben im Besten Alter; 2. Eine Lebenskrise unterschiedlichster Art und 3. Ein Synchronschwimmteam der Männer. Doch kann man dies wirklich so nennen?
Bis zum Zeitpunkt als Bertrand zu dem Team stößt handelt es sich wohl eher um eine Art Selbsthilfegruppe für Männer, die mit ihrem Leben nicht zurechtkommen. Doch ihr reges Versagen bei diversen kleineren Auftritten stachelt sie an hart zu trainieren und es allen zu zeigen. Dazu trägt Amanda (Leila Bekhti), ihre Trainerin mit großem, herausforderndem Einsatz bei und schnell zeigen sich erste Erfolge, nicht nur im Wasser!

Bekanntlich haben französische Produzenten und Regisseure ein recht feines Händchen für ausgefallene und sehr unterhaltsam ironische Komödien. Dieser Film steht den anderen dabei in nichts nach. Ein etwas seltsamer Beginn leitet in einen wirklich witzigen, aber lange nicht albernen, Film ein, der es schafft trotz viel depressiver Stimmung, die gute Laune aus jedem Zuschauer heraus zu kitzeln. Dabei ist es mir jedoch nicht möglich einen Vergleich zu den anderen Produktionen zu ziehen, da ich diese zum aktuellen Zeitpunkt noch nicht gesehen habe.
Die zu bewältigenden Krisen der Männer fächern sich sehr breit und bieten daher eine Menge an Erzählstoff, der auch vollends ausgekostet wird, ohne dabei jedoch zu Handlungslastig zu werden. Außerdem wird durch die absolut nicht perfekten Figuren, die mit Alkoholexzessen, Familiensorgen, Beziehungsstress und beruflichen Schwierigkeiten zu kämpfen haben, eine extreme Nähe zum Zuschauer erzeugt, die ihn perfekt in die Szenerie hineinversetzt und mitfühlen lässt.
Beim Erzählen dieser Geschichten haben die Produzenten nicht einmal viele Dialoge benötigt. Häufig lässt man die Bilder für sich sprechen, womit wohl eine größere Wirkung erzielt wird, als es Sprache je hätte gekonnt.
Auch auf die richtige Musik wurde sehr viel Wert gelegt und nahtlos in die Handlung eingebunden. Mit verschiedenen Genresongs wird die Stimmung stark gelenkt.
Doch nicht nur technisch wurde auf jedes Detail geachtet und wert gelegt. Die Schauspieler zeigen vor allem mimisch absolute Perfektion. Zum Teil sind ganze Geschichten ihrer Vergangenheit aus ihren Gesichtern ablesbar, womit erreicht wurde, dass deutlich mehr erzählt werden konnte, als ein Film dieser Länge es sonst vermag.
Nur selten habe ich so viel Zeit im Kino mit einem Lächeln im Gesicht verbracht, doch diese nahezu perfekte Komposition aus Musik, Bild, Handlung und Schauspiel zwang mich einfach dazu. Somit ist es mir ein absolutes persönliches Bedürfnis, diesen Film allen Liebhabern der französischen Komödie zu empfehlen. Ein Kinobesuch lohnt sich hier auf jeden Fall!

Humor: 10/10Action: 1/10Erotik: 2/10
Niveau: 8/10Gefühl: 7/10Musik: 8/10
Spannung: 2/10Gewalt: 0/10Idee: 9/10

Gesamtbewertung: 9/10

Viel Spaß im Kino!

 

Edit: Nach einem erneuten schauen des Films in deutscher Synchronfassung muss eindeutig ergänzt werden, dass zwei Komponenten absolut wichtig sind für ein entsprechend fantastisches Kinoerlebnis: Die Originalfassung wirkt stimmiger und vor allem muss das Publikum von Anfang an entsprechend mitgehen. Ansonsten wirkt die Stimmung zu Beginn eher bedrückend und deprimierend und benötigt einiges an Zeit um richtig in Fahrt zu kommen. 

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