Filmkritik: John Wick – Kapitel 3 Parabellum (Kinostart: 23.05.19)

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Gesehen: 2D, englisch, Kino

„Warum lieben die Menschen Kungfu-Filme, Spaghettiwestern, eine Autoverfolgungsjagd mit Steve McQueen oder Charles Branson, wenn er eine Axt schwingt, oder die Achtzigerjahre-Action von STIRB LANGSAM („Die Hard“, 1988)? Ich denke, es rührt daher, dass Stunts, die sich unbedingt echt anfühlen, man aber in dieser Art noch nie zuvor gesehen hat, aufregender sind als alles andere.“

Regisseur Chad Stahelski

Mit dieser Aussage hat Chad den Nagel bestens auf den Kopf getroffen und bereits einen Ansatz geliefert, warum das eher zufällig entstandene „John Wick – Universum“ solch einen Erfolg aufweisen kann.
Nicht überraschend kommt da das Statement von Keanu Reeves: „Die Vision für diesen Film war so ambitioniert und gewaltig, dass ich bereits vier Monate vor dem Drehbeginn mit einem umfassenden Training beginnen musste, um den Anforderungen Stand halten zu können. […] Die Vorbereitung war absolut intensiv.“ (Schauspieler Keanu Reeves)
Auch Neueinsteigerin Halle Berry beschreibt die Arbeit als „hart“ und „unglaublich“: „Noch nie habe ich so hart trainiert. Ich habe noch nie so gearbeitet, wie es Chad [Chad Stahelski – Regie] und Keanu gewohnt sind.“ (Schauspielerin Halle Berry)
Schöpfer und Ursprung dieses spannenden Action-Universums ist der Drehbuchautor Derek Kolstad, der an allen drei Filmen beteiligt war und dessen Intention darin liegt dem atmosphärischem Actionkino zu huldigen mit einer modernen Noir-Geschichte, die auf das nötigste reduziert wird. Ungebremst von irgendwelchen Filmstudios, die Wert darauf legen, dass die Filme auch schön kinderfreundlich sind, damit auch möglichst viele Menschen Geld ins Kino tragen, hat Kolstad eine Geschichte geschaffen, die alle Grenzen sprengt ohne darüber nachzudenken, ob dieses Skript überhaupt filmisch umsetzbar ist.
Doch als Keanu Reeves dieses Buch in die Hand fiel, war er sofort Feuer und Flamme dafür und schnappte sich mit Chad Stahelski und David Leitch zwei hervorragende Stuntmänner, um dieses Skript in einem völlig neuen Actionstil zu verwirklichen. Alte Kampftechniken und moderne Mechanismen spielten dabei eine wesentliche Rolle und bis heute begeistert die rohe, strikte und erbarmungslose Art der Gewalt und Action auf einem ganz neuen Level.  

„The path to paradise begins in hell“

Im neusten Streifen der Reihe muss John Wick (Keanu Reeves) um sein Leben kämpfen, doch nicht wie zu vor, um seinen getöteten Hund zu rächen, der das letzte Erinnerungswesen an seine ebenfalls verstorbene Frau war, sondern um sich selbst zu retten. Nahtlos anschließend an den zweiten Teil hat die Hohe Kammer beschlossen, John um Punkt 6 Uhr zum „excommunicado“ zu erklären, was bedeutet, dass jeglicher Schutzdienst, der ihm durch die Vereinigung von Verbrecherorganisationen gewährt wurde, aufgehoben wird und er somit mit einem Kopfgeld von 14 Millionen gejagt werden darf. Dieses höchste je vergebene Kopfgeld lockt selbst die finstersten Gestalten aus ihrem Loch, um Wick endlich das Licht auszublasen. Auf der schier unendlichen Flucht müssen Wicks Kampfkünste trotz jeglicher Ermüdung in allen Umgebungen standhalten. Als Zuschauer konnten wir Wicks Rachefeldzug über mehrere Jahre hinweg betrachten, während in seiner Welt die vergangenen Ereignisse gerade einmal kurze Zeit her sind. Um all dem ein Ende zu setzen, muss er nun um die halbe Welt reisen und noch mehr Strapazen ertragen, als je zu vor.

„Si vis pacem, para bellum“ (If you want peace, prepare for war)

Als Fortsetzung wird die Qualität und Quantität eines Films nahezu immer daran gemessen, wie gut und erfolgreich die Vorgänger waren. In den meisten Fällen sind diese deutlich besser da häufig eine Erwartungshaltung geschaffen wurde, die kaum übertreffbar ist. Der dritte Teil des Wick-Universums hat es jedoch in sich und geschafft sowohl inhaltlich als auch visuell noch einmal deutlich an Fahrt aufzunehmen. Schon die ersten Szenen versetzen den Zuschauer in eine gebannte Starre, da die Aura von Reeves und seinem Hund einfach alles bisher Dagewesene übertrifft. Mit blutverschmiertem Gesicht und Seite an Seite mit seinem Schützling, tritt dieser ungewöhnliche Antiheld erstmalig in Erscheinung und liefert damit schon eine perfekte Gänsehauteinstimmung für ein Gemetzel par excellence. Die simpelhafte Grundstory, die im dritten Teil noch etwas an Komplexität zunimmt, ist häufig ein Kriterium für langweilige, schreckliche Filme, doch reicht der Fokus auf die Action geladenen und detailverliebten Schaubilder aus, um den Zuschauer einzufangen.
Rasante Verfolgungsjagden auf so ziemlich allen erdenklichen und existierenden Fortbewegungsmitteln verschmelzen mit außergewöhnlichen Stunts zu einer visuellen Komposition, die nichts für schwache Nerven ist.
Nicht notwendig zu erwähnen ist wohl, dass Reeves mit seiner stillen, zurückhaltenden und trotzdem sehr einnehmenden und einschüchternden Art eine hervorragende Arbeit abgeliefert hat. Auch Laurence Fishburne ist wieder von der Partie, trotz dass die Rolle eher klein gehalten wurde und nebensächlich erscheint. Seine Ausstrahlung und jahrelange Erfahrung sorgen dafür, die Figur in einem nahezu unantastbaren Licht strahlen zu lassen und seine Macht als König der Unterwelt deutlich zu demonstrieren.
Neu dazu gestoßen ist Halle Berry. Anfangs wirkt ihre Figur etwas unpassend lieb, doch spätestens mit den ersten Augenblicken, in denen die Oscar®-Gewinnerin von zwölf Feinden gleichzeitig angegriffen wird, bestehen keine Zweifel mehr an einer gut gecasteten Nebenrolle.
Nachdem John Wick zwei Teile nur auf der Jagd war und die Informationen über sein Leben und seine Welt eher spärlich gestreut waren, bekommen nun die Zuschauer etwas mehr zu erfahren über die diversen Instanzen der Unterwelt, welche nun deutlich mehr Screentime erhalten, um klar zu machen, wie ernst es im Verborgenen vor sich geht.

Insgesamt hat Chad Stahelski zusammen mit David Leitch, Erica Lee und Basil Iwanyk, basierend auf dem Drehbuch von Derek Kohlstad, einen fabelhaften Actionthriller produziert, der einfach Spaß macht. Zu keinem Zeitpunkt kommt Langeweile auf und in jedem Moment ist es spannend die Handlung zu verfolgen. Mit einer neuen und besseren Interpretation des Begriffs „Actionfilm“ bleibt es offen ob und wie es in diesem verzwickten Kampf weiter gehen wird.

Humor: 2/10Action: 10/10Erotik: 2/10
Niveau: 6/10Gefühl: 3/10Musik: 5/10
Spannung: 8/10Gewalt: 10/10Idee: 9/10

Gesamtbewertung: 9/10

Viel Spaß im Kino!

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