Filmkritik: Rocketman (Kinostart: 30.05.19)

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Gesehen: 2D, englisch, Kino

Oftmals sind die Männer und Frauen hinter den Kulissen für das Allgemeinpublikum unbekannt, was sehr schade ist, denn häufig liegt in deren Hand der tatsächliche Erfolg eines Films und ganz abgesehen davon haben sie meist selbst viele große Produktionen geprägt durch eigene schauspielerische Leistungen. So auch Dexter Fletcher, der schon lange vor seinen ersten Regiearbeiten als Schauspieler durchstartete. Bereits im Alter von 10 Jahren trat er in der Komödie „Bugsy Malone“ auf. Zu seinen wohl bekanntesten (wenn auch nicht unbedingt besten) Filmen gehören „Die Bounty“ (1984), „Bube, Dame, König, grAS“ (1998) sowie „Kick-Ass“ (2010) und „Die drei Musketiere“ (2011). Dieses letzte Jahr sollte gleichzeitig sein Regiedebüt mit dem Film „Wild Bill“ darstellen.
Seitdem entstanden unter seiner Leitung insgesamt fünf Filme und wer ihn noch nicht aus seiner Schauspieler-Karriere kennen gelernt hat, dürfte doch zumindest jetzt ein paar großartige Produktionen von ihm genießen können. 2016 stellte „Eddie the Eagle – Alles ist möglich“ einen Überraschungserfolg an den Kinokassen dar und stieß die Erfolgstür für Taron Egerton ganz weit auf. Dieser hatte zwar schon in „Kingsman“ brilliert und für Aufsehen gesorgt, doch spätestens mit Fletchers Film hatte er seinen endgültigen Durchbruch. Dies war Fletchers erstes größeres Werk und schon da hat er mit dem Filmmusik Komponist Matthew Mergeson gemeinsame Sache gemacht.
Es folgte der unglaubliche Erfolgsfilm „Bohemian Rhapsody“ im vergangenen Jahr, der zum Teil mehr als ein halbes Jahr in den Kinos gezeigt wurde und mit mehreren Oscars ausgezeichnet ist. Kaum verlässt ein großer Film von ihm die Leinwände, folgt auch schon der Nächste. Zusammen mit Mergeson und Egerton treten die drei nun wieder ins Rampenlicht, diesmal mit einem Musiker-Biopic.  

You can do anything you want, you can be anyone you want and its gonna be a wild ride.

Bunt wie ein Paradiesvogel betritt ein Mann die Räumlichkeiten einer Selbsthilfegruppe. Völlig am Ende seiner Kräfte beginnt er seine Lebensgeschichte zu erzählen. Singend klagt er sein Leid und übergibt dabei den geschichtlichen Staffelstab an sein jüngeres Ich, Reginald Kenneth Dwight (Matthew Illesley), welcher die Zuschauer in ein tristes und trostloses Leben einer recht wohlhabenden Familie führt, in der schon früh das Talent für die Musik in ihm entdeckt wird. Doch besonders sein Vater interessiert sich nicht für ihn und zeigt keinerlei väterliche Bindung zu seinem Sohn. Diese Schmach ist nur schwer erträglich, doch umso mehr kniet er sich in die Bemühung ein erfolgreicher Musiker zu werden. Gesegnet mit dem Talent Töne zu hören und diese ohne Übung und Noten sofort auf einem Klavier wiederzugeben, beginnt für ihn ein wildes Musikleben, voller Glück, Freude, Erfolg, Eskapaden und Herausforderungen.

Ich persönlich war sehr begeistert von den vorherigen Produktionen Dexter Flechters, mag gerne Biopics und bin ein kleiner Fan des noch jungen Taron Egertons. Zusammen harmonieren Flechter und Egerton hervorragend und was sie zusammen beginnen, wird zu Gold. So auch in der Biografie über Elton John, einem der größten Musiker unserer Zeit. Elton selbst zeigte sich begeistert und meinte, dass Taron ihn mittlerweile besser kenne als er sich selbst.
Auch wenn durch die Trailer der Eindruck entstehen kann, es handle sich um einen klassischen Musikfilm wie „Bohemian Rhapsody“ oder „A Star is born“, so täuscht dieser doch merklich. Rocketman ist als Musical angelegt, das heißt die Geschichten werden durch die Musik erzählt und somit eng mit den Werken des Komponisten verknüpft. Das hat zur Folge, dass imposante und beeindruckende Tanzeinlagen und Showeffekte genutzt werden können, die sonst bei einem Biopic natürlich gegen jede filmische Regel wären. Diese werden dabei gezielt und gekonnt eingesetzt. So wird zu Beginn die komplette Szenerie mit blassen Bildern gezeigt, in dessen die beiden Hauptfiguren durch übertriebene Farbenfrohheit vollkommen in den Mittelpunkt gerückt werden. Unterstrichen wird damit die Sinnhaftigkeit des gleichzeitig vorgetragenen Songs.
Allgemein werden viele visuelle Spielerein eingesetzt, die es angenehm machen der Handlung zu folgen. Glücklicherweise wurde das richtige Maß als Einsatz gefunden und nicht übertrieben. Wie wohl nicht so überraschend für alle Fans des Musikers, haben die Hairstylisten, Kostümbildner und Visagisten einen traumhaften Job gemacht und Taron zum verwechseln ähnlich mit dem Original herausgeputzt. Dies wird besonders in der Abspannszene deutlich in der Originalbilder des Künstlers mit Fotos der Filmproduktion direkt verglichen und gegenübergestellt werden. Die Ähnlichkeit und Detailgetreuheit ist wirklich verblüffend.
Zu kurz kommen darf jedoch nicht, dass ausnahmslos alle Schauspieler wirklich überzeugend wirkten und ihre Arbeit bombastisch machten. Etwas vernachlässigt wird bei dem ganzen Hype um Tarons grandiosen Auftritt, der Schauspieler des jungen Elton Johns, Matthew Illesley, welcher absolut brillant seine Figur verkörpert. Mit ebenfalls recht viel Screentime meistert er seinen ersten großen Auftritt sehr souverän.
Deutlich zu kurz gekommen für ein Biopic sind jedoch die biografischen Eckdaten und Erklärungen, warum Elton John so gelebt hat, wie er es tat. Der wesentliche Fokus lag eindeutig auf seiner Musikkarriere und seinen Eskapaden. Es sind einfach zu viele Fragen noch offengeblieben. Einige Antworten kann man sich dabei durchaus denken, doch hätte ich sie gerne visuell verarbeitet gesehen.
Tontechnisch hat der Film natürlich viel zu bieten, doch überlagerten sich immer wieder einige der Stimmen, was es streckenweise schwer machte wirklich alles zu verstehen.
Es ist mir zwar nicht möglich zu nennen, was mir fehlte, doch habe ich immer gespürt, dass irgendetwas nicht so war, wie ich es mir gewünscht hätte. Das hatte die Folge, dass viel von der Emotionalität verloren ging und nicht transportiert werden konnte. Zwar haben so einige im Saal die Tränen in den Augen gehabt und mit vollem Enthusiasmus die Songs mitgesungen, doch ist mir dies nicht möglich gewesen. Sehr schade! Ich hoffe hier auf eine deutliche Qualitätssteigerung in der synchronisierten Fassung.

Für alle Elton John Begeisterten dürfte dieser Film jedoch eine tolle Hommage an ihr Idol darstellen und der „Feel Good“-Charakter wird trotzdem ausreichend erzeugt. Insbesondere um die vielen gewaltigen Bilder zu erleben, lohnt sich ein Besuch im Kino daher auf jeden Fall.

Humor: 3/10Action: 0/10Erotik: 2/10
Niveau: 8/10Gefühl: 8/10Musik: 10/10
Spannung: 1/10Gewalt: 0/10Idee: 7/10

Gesamtbewertung: 7/10

Viel Spaß im Kino!

 

Alles zur London Premiere erfahrt ihr hier:

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