Filmkritik: Das schönste Paar (Kinostart: 02.05.19)
Gesehen: 2D, deutsch, Kino
Die Berlinale ist eins der größten Filmfeste weltweit und
steht für außergewöhnliche nationale und internationale Produktionen. Dieter
Kosslick hat seit 2001 bis zum aktuellen Jahr als Festivaldirektor die Auswahl
der gezeigten Werke übernommen. In die Kategorie „Berlinale Talents“ hat
Kosslick unter anderem die deutsch-französische Koproduktion „Das schönste Paar“
aufgenommen und bereits im Februar in Berlin gezeigt.
Malte (Maximilian Brückner) und Liv Blendermann (Luise Heyer) sind ein total
verliebtes Paar. Bereits in den ersten Szenen wird deutlich wie viel
Leidenschaft und Feuer ihre eheliche Romanze ausmacht, während sie am Strand
völlig hemmungslos und sorglos Sex haben. Sie befinden sich derzeit im
Sommerurlaub, in dem sie sich von ihrem Lehreralltag einmal richtig erholen
wollen. Als sie am späten Abend ihr Ferienhaus aufsuchen, soll das schöne Freizeitgefühl
schlagartig ein Ende finden. Drei Jünglinge, maximal Anfang 20, dringen in das Haus
ein, bewaffnen sich und greifen die beiden Lehrer an. Malte versucht die
Situation mit sanften Worten und der Herausgabe all ihrer Wertgegenstände zu
schlichten und glimpflich zu beenden. Insbesondere der scheinbare Anführer der
Gruppe (Leonard Kunz) ist davon unbeeindruckt, denn er gibt den beiden zu
verstehen, dass er sie am Strand beim Sex beobachtet hat und er Live ebenfalls
ficken möchte. Ohne Frage ist dies keine Option für das Pärchen und somit nimmt
sich der junge Mann gewaltsam was er will und vergewaltigt Liv aufs härteste,
während Malte hartnäckig zurückgehalten und verletzt wird.
Völlig traumatisiert kehren beide zurück in die Heimat und in der Versuchung das
Erlebte zu verdrängen, beginnen beide wieder ihr alltägliches Leben. Geplagt
von Albträumen ist es jedoch schier unmöglich die Vergangenheit zu verdrängen
und so zerfrisst vor allem Malte der Durscht nach Rache. Durch einen Zufall begegnet
er kurze Zeit später dem Haupttäter erneut. Doch was wir er nun tun? Rächt er
sich oder zeigt er Vernunft? Geht er zur Polizei oder nimmt er es selbst in die
Hand?
Zurecht mit der Altersfreigabe ab 16 versehen, hat der Regisseur Sven Taddicken
hier einen romantischen, verstörenden Thriller geschaffen, der die eigenen
Gefühlsregungen von einem Extrem ins andere schlagen lässt. Vergewaltigungsszenen
sind mir natürlich auch aus anderen Filmen, wie „Alles ist Gut“ von Eva
Trobisch, bekannt, doch hat mir hier besonders gefallen, dass Luise Heyer eine
völlig alltägliche junge Dame verkörpert, der dieses Schicksal zugestoßen ist
und das Szenario sich dadurch so nah an der Realität entlang hangelt, wie kaum ein
anderer Film.
Moralische und juristische Fragen finden hier viel Raum zur Entfaltung.
Insbesondere ist in mir die Überlegung aufgekommen, ob ein Verbrechen eine
Rechtfertigung für eine andere Straftat sein kann. Juristisch ist dies
natürlich ganz klar mit „nein“ zu bewerten, aber auch moralisch?
Sowohl Maximilian Brückner, bekannt aus „Rubbeldiekatz“ und „Rest Urlaub“, als
auch Luise Heyer, zuletzt zu sehen in „Der Junge muss an die frische Luft“, haben
durch hervorragende mimische Arbeit ihre Rolle nahezu perfekt verkörpert. Die
Charakterentwicklung beider Figuren und die Auswirkungen eines solchen Schicksalsschlages
sind fantastisch visualisiert wurden. Besonders hat hierbei herausgestochen,
dass beide Personen sich genau gegenteilig entwickelt haben und somit völlig
unterschiedlich mit der Krisenbewältigung umgegangen sind.
Mit eher langen Kameraeinstellungen wird die Dramatik eines jeden Moments stark
verschärft, sorgt aber auch dafür, dass der Film unnötig in die Länge gezogen
wird und somit die Aufmerksamkeit des Zuschauers für die kommenden Geschehnisse
immer wieder verloren geht.
Alles zusammen genommen hat Sven Taddicken ein spannungsgeladenes Drama
produziert, welches geschafft hat, dass ich mit den Protagonisten mit gelitten und
mit gefühlt habe.
Humor: 3/10 | Action: 3/10 | Erotik: 5/10 |
Niveau: 6/10 | Gefühl: 7/10 | Musik: 4/10 |
Spannung: 5/10 | Gewalt: 3/10 | Idee: 6/10 |
Gesamtbewertung: 7/10
Viel Spaß im Kino!