Filmkritik: Der unverhoffte Charme des Geldes (Kinostart: 01.08.19)

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Originaltitel: La Chute de l’Empire américain
Gesehen: 2D, OmU, englisch/französisch, Kino

Wir sind alle Untertanen des amerikanischen Imperiums. Der moralische Verfall des Imperiums hat begonnen uns anzustecken. Die Omnipotenz des Geldes ist nur ein Symptom dieser Krankheit. Werden wir Antibiotika finden, die stark genug sind, die Seuche zu bekämpfen?

Denys Arcand (Drehbuch und Regisseur)

Regisseur Denys Arcands Weg

Passend zu diesem Zitat des über 100fach ausgezeichneten Preisträgers Denys Arcand, entstand 1086 der schon damals gesellschaftskritische und doch unterhaltsame Film „Der Untergang des Amerikanischen Imperiums“. Dies war die erste große Produktion, durch die der kanadische Künstler bekannt wurde. Es folgten weitere sehr erfolgreiche Werke, wie „Jesus von Montreal“ und 2003 dann „Die Invasion der Barbaren“, der nicht nur den Oscar für den besten fremdsprachigen Film erhielt, sondern vor allem in Europa bei allen großen Festivals ordentlich abräumte. Mit seinen Produktionen sorgte er ebenfalls für das Erreichen internationaler Bekanntheit bei einigen Schauspielern, wie Rémy Girard, der in allen drei genannten Filmen mitwirkte sowie auch Pierre Curzi, der 1986 und 2003 eine Rolle in Denys Arcands Werken erhielt. Alle drei kamen für den gesellschaftskritischen und doch charismatischen Film „Der unverhoffte Charme des Geldes“ wieder zusammen.
Als Hauptdarsteller holte sich Arcand zwei noch recht junge unerfahrene Darsteller. Alexandre Landry hat zwar schon in einigen Produktionen Rollen übernommen, ist jedoch eher aus dem Theater bekannt. Maripier Morin tritt nun erstmalig in das Rampenlicht der Kinobühnen, nachdem sie eine sehr schnelle und erfolgreiche Karriere beim Fernsehen zu verzeichnen hat und sich nun mit diesem Engagement einen lang ersehnten Traum erfüllen konnte.

Vom armen Mann zum reichen Kapitalist

Doch was möchte Denys Arcand mit der Aussage „Der moralische Unfall des Imperiums hat begonnen uns anzustecken“ eigentlich sagen?
Das erzählt er in seinem aktuellen Film, indem Pierre-Paul (Alexandre Landry) während der Ausübung seiner normalen Tätigkeit als Bote plötzlich auf zwei großen Taschen voller Geld stößt, die ihn von einem eingefleischten Kapitalismusgegner plötzlich zu einem sehr wohlhabenden Mann aufsteigen lassen. Im ersten Moment ist solch ein Fund natürlich sagenhaft schön, doch was macht man eigentlich damit, wenn doch vor allem die Regierung und die Eigentümer nicht erfahren dürfen, dass man in dessen Besitz ist? Die Antwort ist ganz einfach: Man nimmt sich ein Finanzgenie, ein Offshore-Banker und eine noble Freundin und schon hat man die perfekte Grundlage, um ein ohnehin schon korruptes System auszutricksen und für die eigenen Zwecke zu missbrauchen. Doch kommen die vier wirklich damit durch?

Intelligenz: Sie ist kein Vorteil, sondern ein Handicap. Ich bin zu intelligent.

Beste Schauspielkunst mit einer Geschichte voller Gegensätze

Mit sehr gespaltener, aber dennoch tendenziell positiver Meinung verlässt man zumeist den Saal nach Konsumierung dieses Werks. Warum gespalten? Ganz einfach, der Film hat visuell, bis auf ein wenig sehr aufregende Erotik und einer sehr hübschen Hauptdarstellerin, nicht sehr viel zu bieten. Mit blassen Farben, wenig Musik und einer eher ruhig gehaltenen Handlung bleibt der große Schlagabtausch, der ein wenig Fahrt ins Geschehen bringen könnte, aus. Zeitweise besteht sogar ein bisschen die Gefahr der Langenweile, doch glücklicherweise bietet die Geschichte genug Potenzial für ein politisch und kapitalistisch kritisches Thema, welches den Zuschauer angesichts der gezeigten Skrupellosigkeit und Ignoranz gegenüber Gesetzen, in Erstaunen versetzt. Dabei wird, im Gegensatz zu vielen anderen anspruchsvollen kritischen Filmen, eine schlüssige und nachvollziehbare Story erzählt, die ausreichende erklärt wird.
Denys Arcand hat es geschafft einen facettenreichen Film zu produzieren, der vor allem von Gegensätzen lebt. Spannend und doch gemächlich erzählt, humorvoll und doch recht ernst im Thema, aufregend und doch auch irgendwie beruhigend zugleich und auch erotisch und brutal. Diese extremen Unterschiede sorgen dafür, dass der Film stets das Interesse der Zuschauer bei sich behalten kann.
Technisch bietet der Film nicht viel Aufregendes. Einzig bemerkenswert ist da wohl, dass neben der englischen Sprache auch immer wieder sich dem Französischen bedient wird in den Dialogen.
Die in unseren Kreisen noch recht unbekannten Schauspieler haben ihre Sache sehr gut gemacht und überzeugend gewirkt. Ohne Ausnahme war es angenehm jeden Charakter zu folgen, nicht zuletzt durch den netten Wortwitz und die hochtrabenden Zitate, die als leichter Beigeschmack in die Dialoge und Argumentationen eingemischt wurden. Insbesondere der Protagonist strahlt eine große Sympathie aus, da er als eigentlich finanziell arm gestellter Charakter alles gibt, was ihm zufällt und er Mitleid hat mit Menschen, die noch schlechter gestellt sind als er selbst. Er pflegt seine Beziehungen zu Obdachlosen und wird auch durch das Geld nicht maßlos und unverschämt. Die Bescheidenheit zeichnet sich aus und schlägt sich auch auf sein gesamtes Umfeld nieder. Dieser herzliche Umgang mit seinen Mitmenschen öffnet auch das Herz der Zuschauer und lässt Raum für Überlegungen, ob der tägliche Umgang in unserem eigenen Leben mit unseren Mitbürgern nicht etwas überdacht werden sollte.
Insgesamt also eine wirklich unterhaltsame und erschreckende Geschichte, die man sich durchaus einmal anschauen kann.

Humor: 5/10Action: 1/10Erotik: 7/10
Niveau: 8/10Gefühl: 4/10Musik: 3/10
Spannung: 5/10Gewalt: 6/10Idee: 8/10

Gesamtbewertung: 8/10

Viel Spaß im Kino!

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