Filmkritik: Cleo (Kinostart: 25.07.19)

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Gesehen: 2D, deutsch, Kino

Trotz einer Filmvita, wie sie nur wenige deutsche Schauspielerinnen ihres jungen Alters vorzuweisen haben, hatte Marleen Lohse noch nicht den ganz großen Durchbruch in ihrer Filmkarriere. Erstmalig trat sie schon mit 12 Jahren vor die Kamera und wirkte seitdem vor allem in deutschen Serien mit und hatte nur gelegentlich die Chance auf der großen Leinwand gesehen zu werden. Mehrfach jedoch hatte sie Auftritte in Filmen von Erik Schmitt, der sich bisher immer wieder mit Kurzfilmen beschäftigt hat und nun auch sein Regiedebüt eines ersten Langspielfilms feiern durfte. Dies ist eben jener Film von der die Kritik hier handelt. Die erste Aufführung war bei der Berlinale 2019 in der Sparte „Generationen“.
An der Seite von Marleen Lohse tritt auch der junge Jeremy Mockridge auf. Er ist einer der Brüder von Luke Mockridge, der durch seine Comedy-Shows mittlerweile große innerdeutsche Bekanntschaft erlangt hat. Auch bei ihm lassen die ganz großen Produktionen noch auf sich warten, trotz sehr prominenter Familie. Der Berliner ist immer wieder in Fernsehfilmen zu finden und hat den Sprung auf die Kinoleinwand zuvor nur mit der Reihe „Die wilden Hühner“ geschafft.

Wenn ich nochmal leben könnte, würde ich die gleichen Fehler wieder machen, nur etwas früher, damit ich mehr Zeit habe.

Cleo

Cleo ist nicht nur der Titel des Films, sondern auch der Name der Protagonistin (Marleen Lohse). Sie war schon als Kind sehr abenteuerlustig und hat gerne mit ihrem Vater die Geheimnisse der Stadt Berlin erforscht. Doch seit bei einer Schatzsuche ein tragisches Unglück geschah, bei dem ihr Vater verschüttet wurde, hat sie aus Furcht und Trauer aufgehört das neugierige, abenteuerlustige Mädchen zu sein. Nun arbeitet sie im Touristenbüro Berlins und organisiert Führungen zu den wichtigsten Plätzen der Hauptstadt. Als eines Tages Paul (Jeremy Mockridge) in ihr Büro gestolpert kommt mit einer geheimnisvollen Karte, die angeblich verrät, wo der Schatz der Brüder Sass (zwei bekannte Einbrecher der Weimarer Republik) versteckt sein soll, in dem ein magisches Werkzeug sich befindet, welches die Trauer um ihren Vater beenden könnte. Anfangs ist sie abgeneigt von dem Abenteuer, doch mit der Zeit kann sie der kindlichen Neugier nicht mehr wiederstehen und tut sich mit dem Fremden zusammen. Es beginnt eine aufregende Reise durch die Geschichte und die einzigartigen Plätze Berlins. Doch wird sie schlussendlich ihren Wunsch auch erfüllen können?

In deutschen Filmen fehlt oft ein wichtiger Fakt: Die Leidenschaft völlig frei einen Film zu drehen, in dem auch Improvisationen geduldet sind. Unabhängig davon, ob diese im Film gegeben ist, vermittelt die Produktion zumindest ein angenehmes Gefühl der Freiheit und Selbstständigkeit.
Schon die Einführungsszenen wecken vor allem im Berliner Publikum ein wohliges Gefühl, da sowohl ein Querschlag durch die Geschichte der Stadt gemacht wird, als auch eine Tour durch wunderschöne, vielleicht nicht so bekannte Ecken des Ortes stattfindet. Eine Off-Stimme, die im Verlaufe des Films auch immer wieder visuell in Erscheinung tritt, führt den Zuschauer ganz im Stile des Jobs der Protagonistin durch die gesamte Geschichte.
Rundherum um den dokumentarischen Teil des Films, schlängelt sich eine sympathische Story, die einen Mix aus Romanzen und Abenteuer darstellt. Dabei ist jedoch nur schwer erkennbar, wen der Film eigentlich ansprechen soll. Auf der einen Seite wirkt er zu kindlich, trotz einer spannenden Reise durch Berlin, aufgrund der recht frischen und unterhaltsamen Schatzsuche, auf der anderen Seite, werden Kinder und Jugendliche vermutlich keine Interesse am Film zeigen, da schon in der Schule jede Guided-Tour eine Zumutung für die heutige Jugend darstellt.
Abgesehen davon wird jedoch eine sehr moderne und wirklich unterhaltsame Erzählweise genutzt, die insbesondere durch sehr ausgefallene und einfallsreiche Bilder besticht. Dadurch hat es Produzent Erik Schmitt geschafft, die ohnehin schon lebhafte Stadt noch weiter zu beleben und vielen Spots eine eigene Stimme zu verleihen. So wird ein ganz normaler Straßengully plötzlich zu einer Schallplatte eines handgemalten Plattenspielers und auf der Suche nach dem Schatz führen willkürliche, aber natürliche Pfeile die Protagonistin näher an ihr Ziel. Diesen Mut der Verzerrung des Realismus und damit Erzeugung einer neuen Wahrheit ist absolut bewundernswert und erzielt exakt den gewünschten Effekt. Diese Verknüpfung von Ereignissen der besonderen Art, könnte man sich stundenlang anschauen. Doch natürlich enthält der Film noch mehr erwähnenswertes.
Trotz eines gefühlvoll harmonischen Auftretens hinterlässt das Werk einen etwas bitteren Beigeschmack, denn besonders zum Ende hin entstehen einige Längen, die zum Teil für Langeweile beim Zuschauer sorgen können. Insbesondere als eine Vermischung mit Zeitreisen und Zeitsprüngen stattfindet, entstehen zwangsläufig einige Logiklöcher, die absolut vermeidbar gewesen wären und den Film etwas vom roten Faden abweichen lassen.
Auch die Animationen und Spezialeffekte lassen, wie üblich in deutschen Produktionen, zu wünschen übrig, da sie einfach qualitativ nicht im Ansatz an das heranreichen, was in der heutigen Zeit möglich wäre. Jedoch geht es da den großen genauso wie den kleinen deutschen Produktionen.

Insgesamt wird eine Bildgewaltige Abenteuergeschichte gezeigt, die vom berühmten Wim Wenders unterstützt wurde und in kürzester Zeit viel zu bieten hat. Mit tollen Kameraperspektiven wir Berlin in eine tolles neues, aber eben auch altes Licht gerückt und somit eine einzigartige Hommage an eine herausragend abwechslungsreiche Stadt gewidmet. Ganz zum Schluss gibt es noch eine kleine Abspannszene, die das Warten belohnt. Für Berliner wohl absolut sehenswert, doch wird dies wohl eine regionale Fangemeinschaft bleiben und sich nur schwer in anderen Bundesländern etablieren.

Humor: 5/10Action: 0/10Erotik: 2/10
Niveau: 6/10Gefühl: 6/10Musik: 5/10
Spannung: 1/10Gewalt: 0/10Idee: 10/10

Gesamtbewertung: 7/10

Viel Spaß im Kino!

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